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Vitalität von Mycelien

Vitalitätsmerkmale

Aktive und vitale Hyphen können an folgenden Merkmalen erkannt werden:

1. Das Plasma der Hyphen ist teilweise in feine Stränge aufgelöst, in denen sich zahlreiche Mitochondrien bewegen (Braune et al. 1990).

2. Große Vakuolen füllen das Lumen der Hyphen oft bis auf den Plasmawandbelag aus.

3. Die Vakuolen bewegen (Bild, 554 KB) sich in der Plasmaströmung in eine Richtung (Braune et al. 1990) und durchdringen z,. T. den Doliporus (nach Lohwag 1965).

4. Die Hyphen wachsen und bilden Diasporen (Strasburger 1991).

5. Die Hyphen verändern ihre Umgebung, das Milieu, durch Stoffwechselprodukte (Rypá¹ek 1966, Peek und Willeitner 1980, Bruhn 1993).

6. In den Hyphen sind Reduktionspotentiale vorhanden, die durch die Umleitung von Stoffwechselwegen sichtbar gemacht werden können (Cooperman 1991, Hirai 1995).

Wenn ein Mycel diese Merkmale zeigt, ist es in der Lage, Nährstoffe aufzunehmen, sich auszubreiten und Fruchtkörper zu bilden.

Tests zum Nachweis der Vitalität von holzzerstörenden Pilzen (im folgenden: Vitalitätstests) basieren auf dem Nachweis eines oder mehrerer dieser Merkmale: Eine sehr sichere Methode bezieht sich auf das Wachstum der Hyphen, das mit sogenannten Auswuchsversuchen erfaßt werden kann. Dabei bedarf es jedoch eines längeren Zeitraumes, bis die Ergebnisse vorliegen (siehe Auswuchsversuche). Die ersten der drei oben genannten Merkmale lassen sich gut mit Vitalfärbungen aufzeigen, auf die im folgenden Abschnitt näher eingegangen werden soll.

Wie aussagekräftig solche mikroskopischen Merkmale sind, zeigt eine Arbeit von Ruhland (1907): Er konnte mit Hilfe einer Vitalfärbung mit Eisenhämatoxylin S. lacrymans und Poria vaporaria voneinander unterscheiden, indem er die innere Struktur der lebenden Hyphen miteinander verglich.

Vitalfärbung und Vitalität

"Als Vitalfärbung im allgemeinen bezeichnet man Färbemethoden, welche am lebenden Tier (oder an lebenden Zellen) mit Erfolg vorgenommen und von diesen ohne sichtlichen Schaden längere Zeit ertragen werden" (Fischel zit. in Romeis 1968).

Drawert (1968) beschreibt es einfacher. Für ihn ist Vitalfärbung gleichzusetzen mit Lebendfärbung. Anschließend weist er jedoch auf zwei Probleme hin, die bei der Anwendung dieser Definition entstehen:

  1. Schädigungen bei der Präparation
  2. Hierzu beschreibt Baumgärtel (1920 zitiert nach Drawert 1968, 263): "Allein beim pflanzlichen Organismus ist die Diagnose, ob das gefärbte Objekt sich im vitalen oder postmortalen Zustande befindet, bedeutend schwieriger als beim tierischen. Die Kriterien des Lebens sind für die Pflanze unsicherer; ein abgeschnittener Zweig, ein losgetrenntes Blatt, ein frisches Gewebestück in die Lösung des vitalen Farbstoffes eingetragen, stellen eigentlich pathologische oder letale Abnormitäten vor."

    Basidiomyceten sind jedoch keine Pflanzen. Sie sind nicht aus Geweben aufgebaut, und deshalb sind die einzelnen Hyphen oft weniger differenziert (stärker differenziert sind die Plectenchyme einiger Fruchtkörper). Die meisten Hyphen bleiben omnipotent. Zudem sind die Hyphen septiert, so daß einzelne Hyphenabschnitte unabhängig voneinander leben können.

  3. Schädigungen durch den Farbstoff

Dazu merkt Drawert (1968) an, daß "Vitalfärbung" und auch "vital" eigentlich nicht definierbar sind. Denn jede Färbung bedeutet an sich schon einen Schaden und damit auch eine Beeinträchtigung der Vitalität, und sei sie auch noch so gering. Für eine sichere Beurteilung muß dieser "Schaden" möglichst gering gehalten werden.

Vitalfarbstoffe werden entweder durch aktive Stoffwechselleistungen oder passiv aufgenommen und dann beispielsweise in den Vakuolen gespeichert. Einige "Farbstoffe" liegen farblos vor und werden erst durch Enzyme der Zelle modifiziert (z. B. durch Spaltung). Erst in diesem Zustand sind sie farbig, also der eigentliche Farbstoff. Wenn das farbige Spaltungsprodukt eine andere Eigenschaft aufweist als der eingesetzte "Farbstoff", werden sie z. T. von der Plasmamembran oder vom Tonoplast am Austritt gehindert (Ionenfalle), wie z. B. das Fluoresceindiacetat (Rotman 1965, Drawert 1968, 490).

Alle hier untersuchten Vitalfarbstoffe können nur aktive Lebensprozesse beobachtbar machen, so daß der Begriff Vitalität im Zusammenhang mit Vitalanfärbungen immer nur die momentane Situation der Hyphe widerspiegelt. Inaktive Stadien müssen, wenn ihre Vitalität untersucht oder beobachtet werden soll, diesen Zustand verlassen, sei es durch Stratifikation oder z. B. durch Vitaminzugabe (Sporenkeimversuche von Ronsdorf 1933, Czaja 1959, Czaja und Pommer 1959). So soll in dieser Arbeit "vital" im Sinne von "stoffwechselaktiv" verwendet werden.

Vitalität von holzabbauenden Pilzen

Für die Praxis der Gebäudebegutachtung hat "Vitalität" von holzabbauenden Pilzen eine einfachere Bedeutung: Wird Holz zerstört, ist der Pilz vital. Entscheidend dabei ist der entstehende Schaden. Es ist unerheblich, ob ein solcher Schaden durch auskeimende Sporen oder durch Überdauerungshyphen entsteht.

Kann ein Wiederbefall verhindert werden, z. B. durch Trockenhalten des Gebäudes, stellen vitale Sporen und Überdauerungshyphen für das Gebäude keine Bedrohung mehr dar. Es ist ohnehin davon auszugehen, daß Sporen in Gebäuden fast überall vorhanden sind. So kann auch hier "vital" im Sinne von stoffwechselaktiv bzw. holzabbauend aufgefaßt werden.

Wenn jedoch Sporen und Conidien in die Vitalitätsuntersuchungen mit einbezogen werden sollen, entsteht daraus ein Problem. Wenn Mycelien Ruhestadien ausbilden (einige Arthrosporen - z. B. bei Gloeophyllum trabeum - Meiosporen, mögliche Überdauerungshyphen), können möglicherweise alle die oben angeführten Merkmale fehlen (Munck & Sundberg 1994). So sind einige Diasporen in der Lage, ihren Stoffwechsel eine Zeitlang ruhen zu lassen. Dies stellt eine grundlegende Schwierigkeit aller Nachweisverfahren dar.

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Autor: T. Huckfeldt

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